Eine (Mittel-)Rhein-Flussfahrt

Wer schon einmal eine Radtour entlang der Donau gemacht hat, der/die könnte auf die Idee kommen, auch mal eine Radtour am Rhein entlang zu machen. Als Weltkulturerbe besonders bekannt ist ja der obere Teil des Mittelrheintals mit seinen vielen Burgen. Diesen entlang geradelt bin ich im September, nachdem der bis dahin recht verregnete Sommer doch noch eine Wende hin zu warmem und trockenem Wetter genommen hatte. Dafür mußte zunächst aber erst der Weg dorthin zurückgelegt werden, was von Ingolstadt aus bereits drei Tage in Anspruch genommen hat. Auf zuvor selbst ausgewählter Route, ohne Navi, nur anhand von Karten zu fahren, war nicht nur eine sportliche Übung, sondern auch eine hinsichtlich der Orientierung.
Schon am ersten Tag bei Weissenburg übertraf jedoch meine Bequemlichkeit den Ehrgeiz ohne fremde Hilfsmittel oder Personen den Weg zu finden, als ich zum ersten mal jemanden nach dem Weg fragte. Dieser führte anschließend am Brombachsee entlang durch schöne Natur bis nach Rothenburg ob der Tauber, dessen weltbekannte Altstadt ich aber erst am zweiten Tag mit dem Rad erkundete.
Allzu lange hielt ich mich dort aber nicht auf, um das Tagesziel in der Nähe von Aschaffenburg noch am frühen Abend zu erreichen. Dafür mussten der Spessart und mit ihm einige Höhenmeter überwunden werden. So zollte mir ein Radfahrer, der plötzlich auf seinem Karbon-Rennrad neben mit auftauchte, seinen Respekt dafür, daß ich diese Strecke mit so viel Gepäck und ohne Akku fahre. Meine Bemerkung, daß es mir allmählich auch reicht, kommentierte er mit dem Satz „Ein paar Wellen kommen da schon noch.“ und verschwand alsbald hinter der nächsten Kuppe. Wenige Hundert Meter vor der Ankunft am Hotel sprang dann an einem Anstieg noch die Kette von kleinsten Blatt ab. Das sollte während der ganzen Tour der einzige Defekt bleiben, so daß ich all das Werkzeug und die Ersatzteile auch hätte daheim lassen können. Doch war es mir natürlich ganz recht so. Und Zusatzgewicht erhöht ja bekanntlich den Trainingseffekt.
Am dritten Tag ging es durch den Großraum Darmstadt, der zwar flacher, aber nicht mehr so schön anzuschauen war. Auf diesem dicht besiedelten Teilstück war die Navigation dann doch so schwierig, daß ich mehrfach nach dem Weg fragte. Schließlich erreichte ich den Rhein, überquerte ihn jedoch zunächst mit der Fähre nach Nierstein, um anschließend nicht an ihm entlang, sondern direkt zum Tagesziel Bingen zu radeln, wo das Mittelrheintal beginnt.
Linksrheinisch fuhr ich dann ab dem vierten Tag flussabwärts. Sehenswert ist dieses Tal allemal, allerdings auch so eng, daß sich der Radweg für beide Richtungen schwer tut, seinen Platz noch direkt neben eine Straße und einer Bahnlinie zu finden. Insofern ist dieser Abschnitt für Auto-, Motorrad- oder Bahnfahrer wohl mehr zu empfehlen als für Radfahrer. Allmählich wurde das Tal aber breiter und war in Koblenz bereits so weit, daß sich der Rhein am Deutschen Eck mit der Mosel vereinen konnte. Der Weg ums Eck, über die Mosel und zurück ans Rheinufer dauerte im sonntäglichen Besucherstrom etwas länger, bevor es wieder zügiger zum Tagesziel Remagen weiter ging. Kurz davor war der Radweg am Fluss jedoch plötzlich gesperrt. Hier half weder Karte noch Smartphone weiter, denn der Grund für die Absperrung war die jüngste Überflutung der Ahr, welche an dieser Stelle in den Rhein fließt. Diese Auskunft erhielt eine junge Radfahrerin auf dem Weg nach Köln, die zeitgleich mit mir vor der Sperre halten mußte, als sie eine andere, ortskundige Radfahrerin fragte. Letztere bot sich sogar an vorauszufahren, um uns, um eine nun unpassierbare Brücke herum, in den Ort zu lotsen, was uns gewiss einige Zeit gespart hat.
Beim Aufbruch zur fünften und letzten Tagesetappe traf ich im Hotel drei holländische Rennradfahrer, die in der Gegenrichtung sogar auf einer dreiwöchigen Tour nach Rom unterwegs waren. In meiner Richtung war den Weg nun ganz ohne Smartphone schauen oder nachfragen zu finden. Es ergab sich vielmehr die Gelegenheit mit den flussabwärts fahrenden Binnenschiffen um die Wette zu fahren. Die ‘Hamburg’ konnte ich locker hinter mir lassen, sie hatte allerdings auch wesentlich mehr geladen als mein Radl. Die ‘Basel’, eine Personenausflugsschiff, war da schon ein härterer Gegner. Ein längeres Kopf-an-Kopf-Rennen mit ihr endete aber, als ich sie bei der Umleitung durch Wesseling aus den Augen verlor. Nach der Fahrt durch Bonn, am Zufluss der Sieg, endete das Mittelrheintal dann. Doch meine Fahrt ging noch weiter, über die belebte Kölner Rheinpromenade und, auf nun weitläufigem Gelände, durch den westlichen Zipfel Düsseldorfs bis kurz dahinter nach Meerbusch, wo ich am folgenden Tag einen alten Bekannten aus Studentenzeiten besuchte.
Weil der Lockführerstreik an diesem Tag beendet worden war, konnte ich am nächsten Tag planmäßig mit der Bahn nach Ingolstadt zurückreisen und dabei die Strecke von gut 700 km, für die ich mit dem Fahrrad fünf Tage gebraucht hatte, in wenigen Stunden zurücklegen. Mehr Spaß hat trotzdem das Radeln gemacht.

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